Glaube und Werke

Gesetzlichkeit oder Gehorsam? Heil auf Grund von Verdiensten oder aus Gnade?

Worum es uns in diesem Thema geht

In der folgenden Abhandlung möchten wir erklären, warum wir glauben und wie wir verstehen, dass wir aus Gnade durch Glaube gerettet sind.
Gibt es einen Widerspruch zwischen Glaube und Werken? – Glaube ohne Werke ist unmöglich.

„Denn aus Gnade seid ihr errettet durch Glauben, und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme“, schreibt Paulus in seinem Brief an die Epheser (Epheser 2,8–9). Damit weist er darauf hin, dass ein Christ das ewige Leben ausschließlich Gott zu verdanken hat. Denn er ist ja nicht im Stande, es mit seinen eigenen Werken zu verdienen. Gott hat aus Gnade und Liebe zu den Menschen seinen Sohn auf die Erde gesandt, um durch ihn die Menschheit aus ihren Sünden zu erretten.
In Epheser 2,1–2 schreibt Paulus, dass die Christen vor ihrer Umkehr durch ihre Vergehungen tot waren und nach der Art dieser Welt, in den Begierden ihres Fleisches lebten. Gott war es, der sie lebendig machte. Aber wichtig ist: was bedeutet es, dass Gott lebendig macht?

Dies nun sage und bezeuge ich im Herrn, dass ihr nicht mehr wandeln sollt, wie auch die Nationen wandeln, in Nichtigkeit ihres Sinnes (…) dass ihr, was den früheren Lebenswandel angeht, den alten Menschen abgelegt habt, der sich durch die betrügerischen Begierden zugrunde richtet, dagegen erneuert werdet in dem Geist eurer Gesinnung und den neuen Menschen angezogen habt, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit. (Epheser 4,17.22–23)

Ich ermahne euch nun, ich der Gefangene im Herrn: Wandelt würdig der Berufung, mit der ihr berufen worden seid … (Epheser 4,1)

Aus den zitierten Versen des Epheserbriefes – und auch vielen anderen Stellen des Neuen Testaments – geht klar hervor: Gott erlöste die Menschheit, indem er Jesus sandte, der Gottes Vergebung verkündete. Er rief die Menschen zur Umkehr von den Sünden, zu einer Beziehung mit Gott, zu einem Leben, reich an Freude und Überfluss (Johannes 10,10).

Sünde trennt uns von Gott, wie Jesaja ausdrückt:

Siehe, die Hand des HERRN ist nicht zu kurz, um zu retten, und sein Ohr nicht zu schwer, um zu hören; sondern eure Vergehen sind es, die eine Scheidung gemacht haben zwischen euch und eurem Gott, und eure Sünden haben sein Angesicht vor euch verhüllt, dass er nicht hört. (Jesaja 59,1–2)

Daher ruft Jesus all die, die mit Gott leben wollen, zu einem konsequenten Kampf gegen die Sünde. Die Gnade und die Sündenvergebung bekommen wir von Gott, damit wir nicht mehr weiter in der Sünde leben.

Auch ich verurteile dich nicht. Geh hin und sündige von jetzt an nicht mehr! (Johannes 8,11b)

Dasselbe wird auch von dem Apostel Paulus bestätigt:

… Denn wie ihr eure Glieder als Sklaven der Unreinheit und der Gesetzlosigkeit zur Gesetzlosigkeit zur Verfügung gestellt habt, so stellt jetzt eure Glieder zur Verfügung als Sklaven der Gerechtigkeit zur Heiligkeit. (Römer 6,19)

Als Mitarbeiter aber ermahnen wir auch, dass ihr die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangt. (2. Korinther 6,1)

Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend allen Menschen, und unterweist uns, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnen und besonnen und gerecht und gottesfürchtig leben in dem jetzigen Zeitlauf. (Titus 2,12)

Außerdem könnten hier sämtliche Ermahnungen und Ermunterungen des Neuen Testaments angeführt werden, die zeigen, dass Gott die Gnade darum gibt, dass wir ein heiliges Leben führen. Wer nicht so lebt, der hat Gottes Gnade vergeblich gemacht, aber nicht nur für sich selbst: er wird auch für andere ein falsches Zeugnis sein, denn er bezeugt mit seinem Leben nicht die von Sünden befreiende Kraft und die das Leben umformende Macht Gottes.

So soll euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater, der in den Himmeln ist, verherrlichen. (Matthäus 5,16)

Völlig falsch ist also, die auch von Luther vertretene Ansicht, dass das christliche Leben nach außen unsichtbar sei.1

Das Betonen der Früchte und der Werke des christlichen Lebens kann nicht Gesetzlichkeit genannt werden – das zuvor Ausgeführte bestätigt dies, weil es sich keineswegs um das Halten der alttestamentlichen Gesetze handelt. Denn diese werden ja im Neuen Testament eindeutig als veraltet bezeichnet. Auch geht es nicht um eine menschliche Anstrengung im Namen des Neuen Testaments, sondern es handelt sich um einen Kampf, zu dem ein Christ, welcher aus der Beziehung zu Gott schöpft, durch die Erlösung Jesu und durch die Kraft des Heiligen Geistes fähig ist.

So ist auch der Glaube, wenn er keine Werke hat, in sich selbst tot.

schreibt Jakobus (Jakobus 2,17). Und seine Gedanken widersprechen nicht der Lehre des Römerbriefes (Römer 4). Paulus stellt in diesem die Werke des alttestamentlichen Gesetzes der Gnade und dem Glauben gegenüber, wohingegen Jakobus darüber spricht, dass der Glaube an die Existenz Gottes ohne Werke nichts wert ist. Paulus argumentiert gegen solche Menschen, die noch immer durch das Halten des alttestamentlichen Gesetzes gerechtfertigt werden wollen. Jakobus dagegen deckt solche auf, die bloß mit Worten von ihrem Glauben Zeugnis geben wollen, doch in ihrem Leben nicht um ihre Heiligkeit kämpfen. Man kann nicht sehen, dass sie Jesus nachfolgen – sie sind auch keine Nachfolger. So wie der Glaube an Gott nicht bloß die Anerkennung seiner Existenz und Eigenschaften bedeuten kann (Jakobus 2,19), so kann der Glaube an Jesus Christus auch nicht bloß die Anerkennung seiner Historizität und seiner Taten, seines Todes und seiner Auferstehung bedeuten.

Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht gehorcht, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm. (Johannes 3,36)

Jesus setzt den Glauben mit dem Gehorsam gleich. Es ist wichtig hervorzuheben, dass Jesus über Gehorsam und nicht über ein nur in einigen Punkten verbessertes Leben sprach. Er forderte nicht nur dazu auf, schädliche Süchte oder Sünden, die sogar von weltlichen Gerichten verurteilt werden, aufzugeben. Auch Freundlichkeit, Ausübung von humanitären oder religiösen Werken allein, entsprechen nicht dem Gehorsam, den Jesus vorlebte. Jesus ruft alle Menschen auf, ihm nachzufolgen, wie auch den reichen Jüngling, der nach seiner Selbstbeurteilung in vielen Punkten ein gottgefälliges Leben geführt hatte, aber nicht bereit war, Gott den ersten Platz in seinem Leben zu geben und Jesus nachzufolgen (Mattäus 19,16–26) Bei Johannes heißt es dazu:

Wer sagt, dass er in ihm bleibe, ist schuldig, selbst auch so zu wandeln, wie er gewandelt ist. (1. Johannes 2,6)

Jesus hat sein Leben ganz für diejenigen hingegeben, die seine Hilfe brauchten. Sein Ziel war, den Menschen Gottes Liebe zu vermitteln und sie zu Gott zu führen. Er ruft auch seine Nachfolger auf, das Gleiche zu tun.

Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt, damit, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt. (Johannes 13,34–35)

Christen wollen danach streben, dass sie immer vollkommener das verwirklichen, wozu sie Jesus berufen hat – so auch wir. Es geht nicht um ein perfektes Leben, sondern um ein Streben, das aber keinesfalls einen kraftlosen Versuch bedeuten kann, sondern einen Kampf, über den Paulus in 1. Korinther 9,24–27 spricht:

Wisst ihr nicht, dass die, welche in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber einer den Preis empfängt? Lauft so, dass ihr ihn erlangt. … Ich laufe nun so, nicht wie ins Ungewisse; ich kämpfe so, nicht wie einer, der in die Luft schlägt …

Wir können uns auch nicht mit der Schwachheit des Menschen entschuldigen, weil Jesus sich dieser auch bewusst war (Hebräer 12,1–4) Er hat dennoch klar gesagt, was er von seinen Nachfolgern erwartet:

Wenn jemand mir nachkommen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach. (Matthäus 16,24b)

Das Sündigen kann kein Dauerzustand sein. Wenn wir gefallen sind, müssen wir aus Gottes Vergebung Kraft schöpfen, wieder aufstehen (1. Johannes 2,1) und bis zum Ende gegen die Sünde kämpfen (Hebräer 12,1–4).

Niemand kann sich allein durch seine Werke des ewigen Lebens würdig machen. Werke zeigen aber, ob jemand wirklich eine Beziehung zu Gott hat, ob er sich wirklich bekehrt hat, die Gnade Gottes wirklich angenommen hat, an Jesus wirklich glaubt und ob die Kraft der Erlösung Jesu in seinem Leben zur Wirklichkeit geworden ist. Wenn ja, wird es an seinem Leben ersichtlich sein.

… Zeige mir deinen Glauben ohne Werke, und ich werde dir aus meinen Werken den Glauben zeigen. (Jakobus 2,18b)

Damit ist auch die Tatsache zu erklären, dass das Neue Testament oft so spricht, dass Gott auf Grund der Werke richten wird.

Denn wir müssen alle vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder empfange, was er durch den Leib [vollbracht], dementsprechend, was er getan hat, es sei Gutes oder Böses. (2. Korinther 5,10)

Man muss also die Auffassung falsch nennen, laut der ein Glaube an Jesu Tod und Auferstehung für das Heil in sich allein hinreichend wäre. Aber auch das andere Extrem kann nicht richtig genannt werden, dass man vor Gott für sich selbst – oder für andere, mit Werken Verdienste erwerben könnte. Diese Auffassung wird auch in einem Gleichnis von Jesus widerlegt, dessen Schlussgedanke folgenden Wortlaut hat:

So sprecht auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren. (Lukas 17,7–10)

Gottes Wort ist auch heute Wirklichkeit und kann das Leben der Menschen umformen. Das Leben derer, die es wollen, die sich frei dafür entscheiden, mit ihrem Leben zu dienen, die das sanfte Joch von Jesus (Matthäus 11,30) auf sich nehmen, aber nicht das harte Joch des Gesetzes, die sich dem Gesetz der Freiheit unterwerfen, aber nicht dem Gesetz des Buchstabens (Jakobus 1,25 und 2,12). Die durch all dies Zeugnis geben wollen von der Kraft der Gnade Gottes, diese hören und verstehen Jesu Worte.

Ich bin der gute Hirte; und ich kenne die Meinen und bin gekannt von den Meinen, wie der Vater mich kennt und ich den Vater kenne; und ich lasse mein Leben für die Schafe. Und ich habe andere Schafe, die nicht aus diesem Hof sind; auch diese muss ich bringen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde, ein Hirte sein. (Johannes 10,14–16)

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Fußnoten:
  1. Weihnachtspostille 1522: Luther deutsch, Erg​.Bd. Lutherlexikon, S. 57f, vgl. WA 101,137,18–138,5: Ein christlich Wesen besteht nicht in äußerlichem Wandel; es wandelt auch den Menschen nicht nach dem äußerlichen Stande, sondern nach dem innerlichen, d. h. es gibt ein andres Herz, einen andren Mut, Willen und Sinn, welcher dieselben Werke tut, die ein anderer ohne solchen Mut und Willen tut. Denn ein Christ weiß, dass es ganz am Glauben liegt. Darum gehet, stehet, isset, trinket, kleidet, wirket und wandelt er wie sonst ein gemeiner Mann in seinem Stande, dass man nicht seines Christentums gewahr wird…
    Hauspostille 1544, Von der Frucht der Auferstehung Christi: Luther deutsch, Erg​.Bd. Lutherlexikon, S.58, vgl. WA 52,251, 18–24: Man kann einen Christen nicht recht nach dem äußerlichen Leben beurteilen. Denn es ist ebenso unrein und baufällig wie des Nichtchristen Leben. Deshalb müssen sie täglich beten: „Vergib uns unsere Schuld“. Wer aber einen Christen recht ansehen und beurteilen will, der tue es nach dem Glauben. Denn nach unserm Fleisch und Blut sind wir Sünder und müssen ebenso sterben und allerlei Unglück hier auf Erden erwarten und wohl mehr als andere Leute, die Nichtchristen sind. Denn Christen fühlen die Sünde mehr als andere Leute.